Prokura

Die Prokura ist ein wichtiges Instrument im deutschen Handelsrecht, das Unternehmen ermöglicht, bestimmten Personen weitreichende Vertretungsbefugnisse zu erteilen.

Was ist Prokura und wie wird sie erteilt?

Die Prokura ist eine besondere Form der Vollmacht, die im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt ist. Sie ermächtigt eine Prokuristin / einen Prokuristen, im Namen des Unternehmens zu handeln und Rechtsgeschäfte abzuschließen. Die Erteilung der Prokura ist ein wichtiger Schritt für Unternehmen, um ihre Handlungsfähigkeit zu erweitern und bestimmte Personen mit weitreichenden Befugnissen auszustatten.

Definition der Prokura nach HGB

Gemäß § 48 HGB ist die Prokura eine Vollmacht, die den Prokuristen ermächtigt, alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften vorzunehmen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Eine Prokuristin / ein Prokurist ist somit befugt, das Unternehmen in einem sehr umfassenden Rahmen zu vertreten. Diese weitreichende Vertretungsmacht unterscheidet die Prokura von anderen Formen der Vollmacht, wie der Handlungsvollmacht, die in der Regel auf bestimmte Geschäfte oder Bereiche beschränkt ist.

Voraussetzungen für die Erteilung der Prokura

Die Erteilung einer Prokura setzt voraus, dass die Geschäftsinhaber:innen oder die zur Vertretung berechtigten Personen (z. B. Geschäftsführer:in einer GmbH) diese ausdrücklich erteilen. Nur Kaufleute im Sinne des HGB können eine Prokura erteilen. Die Prokura muss nicht schriftlich erteilt werden, obwohl dies aus Beweisgründen empfehlenswert ist. Eine Prokuristin / ein Prokurist muss die Prokura nicht ausdrücklich annehmen; seine Zustimmung kann auch durch schlüssiges Handeln erfolgen.

Eintragung der Prokura im Handelsregister

Eine wichtige Formalität bei der Erteilung der Prokura ist die Eintragung ins Handelsregister. Gemäß § 53 HGB muss die Erteilung der Prokura zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Diese Eintragung hat deklaratorische Wirkung, was bedeutet, dass die Prokura bereits mit der Erteilung wirksam wird, nicht erst mit der Eintragung. Die Eintragung dient hauptsächlich der Information Dritter und schafft Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr. Bei der Anmeldung müssen auch die Art der Prokura (Einzel- oder Gesamtprokura) und etwaige Beschränkungen angegeben werden.

Welche Arten der Prokura gibt es?

Das deutsche Handelsrecht kennt verschiedene Arten der Prokura, die sich in ihrem Umfang und ihrer Ausübung unterscheiden. Die Wahl der richtigen Prokuraart ist für Unternehmen von großer Bedeutung, da sie die Handlungsfähigkeit und Kontrolle innerhalb des Unternehmens beeinflusst.

Einzelprokura vs. Gesamtprokura

Die Einzelprokura ermächtigt, allein und selbstständig für das Unternehmen zu handeln. Eine Prokuristin / ein Prokurist kann alle Rechtsgeschäfte, die unter die Prokura fallen, ohne Mitwirkung anderer vornehmen. Dies bietet große Flexibilität, erfordert aber auch ein hohes Maß an Vertrauen in die Prokurist:innen. Die Gesamtprokura hingegen sieht vor, dass mehrere Prokurist:innen nur gemeinsam handeln können. Dies erhöht die Kontrolle und mindert das Risiko von Fehlentscheidungen, kann aber die Handlungsfähigkeit einschränken. Eine Sonderform ist die unechte Gesamtprokura, bei der eine Prokuristin / ein Prokurist nur gemeinsam mit einem Geschäftsführer oder Inhaber handeln darf.

Filialprokura: Besonderheiten und Anwendungsfälle

Die Filialprokura ist ebenfalls eine besondere Form der Prokura, die sich auf eine bestimmte Niederlassung oder Filiale einer Unternehmung beschränkt. Mit einer Filialprokura ist man nur befugt, Rechtsgeschäfte für diese spezifische Niederlassung vorzunehmen. Diese Art der Prokura ist besonders nützlich für Unternehmen mit mehreren Standorten, die eine dezentrale Verwaltung bevorzugen. Die Filialprokura muss im Handelsregister eingetragen werden, wobei die betreffende Niederlassung genau bezeichnet werden muss.

Unterschiede zwischen Prokura und Handlungsvollmacht

Während die Prokura eine sehr weitreichende Vollmacht darstellt, ist die Handlungsvollmacht im Umfang begrenzter. Handlungsbevollmächtigte sind nur zu solchen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die der Betrieb eines Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. Im Gegensatz zu Prokurist:innen dürfen Handlungsbevollmächtigte beispielsweise keine Grundstücke veräußern oder belasten. Zudem muss die Prokura im Handelsregister eingetragen werden, während dies bei der Handlungsvollmacht nicht erforderlich ist. Die Prokura bietet also eine umfassendere Vertretungsmacht und genießt im Geschäftsverkehr ein höheres Ansehen.

Welche Befugnisse und Beschränkungen haben Prokurist:innen?

Die Vertretungsmacht einer Prokuristin / eines Prokuristen ist sehr weitreichend, unterliegt aber dennoch gewissen gesetzlichen und praktischen Beschränkungen. Es ist wichtig, dass sowohl Prokurist:innen als auch Geschäftspartner:innen die Grenzen dieser Befugnisse kennen.

Umfang der Vertretungsmacht von Prokurist:innen

Prokurist:innen sind befugt, alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften vorzunehmen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Dies umfasst unter anderem den Abschluss von Verträgen, die Einstellung und Entlassung von Personal, die Vertretung vor Gericht und die Vornahme von Prozesshandlungen. Die Vertretungsmacht erstreckt sich grundsätzlich auf alle Zweige des Handelsgewerbes und ist nicht auf bestimmte Geschäftsbereiche beschränkt. Prokurist:innen können sogar andere Prokurist:innen oder Handlungsbevollmächtigte bestellen, sofern dies nicht ausdrücklich untersagt wurde.

Gesetzliche Beschränkungen der Prokura

Trotz der umfassenden Befugnisse gibt es einige gesetzliche Beschränkungen der Prokura. Gemäß § 49 Abs. 2 HGB sind Prokurist:innen ohne besondere Ermächtigung nicht befugt, Grundstücke zu veräußern oder zu belasten. Diese Beschränkung dient dem Schutz des Unternehmens vor weitreichenden Verfügungen über das Immobilienvermögen. Zudem können Prokurist:innen das Unternehmen nicht in Grundlagengeschäften vertreten, wie bei der Änderung des Unternehmensgegenstands oder der Auflösung der Gesellschaft. Solche Entscheidungen bleiben den Gesellschafter:innen oder dem Inhaber:innen vorbehalten.

Innenverhältnis: Weisungsgebundenheit von Prokurist:innen

Im Innenverhältnis zum Unternehmen ist die Prokuristin / der Prokurist weisungsgebunden. Der Geschäftsinhaber:innen oder die Geschäftsführung können Prokurist:innen Anweisungen erteilen und ihre Befugnisse intern einschränken. Solche internen Beschränkungen haben jedoch keine Auswirkung auf die Vertretungsmacht im Außenverhältnis. Verstoßen Prokurist:innen gegen interne Weisungen, können sie zwar dem Unternehmen gegenüber haftbar werden, die von ihnen abgeschlossenen Geschäfte bleiben aber grundsätzlich wirksam. Dies unterstreicht die Bedeutung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmen und Prokurist:innen.

Wie erfolgt die Vertretung durch Prokurist:innen?

Die Vertretung durch Prokurist:innen ist ein zentraler Aspekt derer Tätigkeit und hat weitreichende rechtliche Konsequenzen für das Unternehmen. Es ist wichtig zu verstehen, wie diese Vertretung in der Praxis aussieht und welche Wirkungen sie entfaltet.

Gerichtliche und außergerichtliche Vertretung

Prokurist:innen sind ermächtigt, Unternehmen sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich zu vertreten. Im außergerichtlichen Bereich bedeutet dies, dass sie Verträge abschließen, Erklärungen abgeben und generell alle Rechtshandlungen vornehmen können, die mit dem Betrieb des Handelsgewerbes zusammenhängen. In gerichtlichen Angelegenheiten können Prokurist:innen das Unternehmen vor Gericht vertreten, Klagen erheben oder Rechtsmittel einlegen. Diese umfassende Vertretungsmacht erstreckt sich auf alle Zweige des Handelsgewerbes und ist nicht auf bestimmte Geschäftsbereiche beschränkt.

Prokura im Außenverhältnis: Wirkung gegenüber Dritten

Im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, wirkt die Prokura unbeschränkt. Dies bedeutet, dass alle Handlungen der Prokurist:innen, die im Rahmen ihrer Vertretungsmacht liegen, für das Unternehmen bindend sind. Auch wenn Prokurist:innen interne Weisungen missachten oder Befugnisse überschreiten, bleiben die von ihnen abgeschlossenen Geschäfte wirksam, solange sie nicht die gesetzlichen Grenzen der Prokura überschreiten. Diese weitreichende Wirkung im Außenverhältnis dient dem Schutz des Rechtsverkehrs und der Rechtssicherheit. Geschäftspartner:innen können sich darauf verlassen, dass Prokurist:innen das Unternehmen rechtswirksam vertreten können, ohne interne Beschränkungen prüfen zu müssen.

Unterschrift und Zeichnungsbefugnis von Prokurist:innen

Bei der Ausübung der Vertretungsmacht müssen Prokurist:innen in einer bestimmten Form zeichnen. Gemäß § 51 HGB haben Prokurist:innen so zu unterschreiben, dass sie der Firma ihren Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatz beifügen. Übliche Zusätze sind „ppa.“ (per procura) oder „Prokurist“. Diese Zeichnungsform macht für Geschäftspartner:innen deutlich, dass die / der Unterzeichnende als Prokurist:in und nicht als Inhaber:in oder Geschäftsführerung handelt. Bei der Gesamtprokura müssen alle zeichnungsberechtigten Prokurist:innen gemeinsam unterzeichnen, es sei denn, es wurde eine abweichende Regelung getroffen.

Wann und wie erlischt die Prokura?

Die Prokura ist keine dauerhafte oder unabänderliche Vollmacht. Es gibt verschiedene Gründe und Wege, durch die eine Prokura enden kann.

Gründe für das Erlöschen der Prokura

Die Prokura kann aus verschiedenen Gründen erlöschen. Ein häufiger Grund ist der Widerruf durch die Geschäftsinhaber:in oder die zur Vertretung berechtigten Personen. Ebenso erlischt die Prokura automatisch, wenn das Unternehmen aufgelöst oder der Geschäftsbetrieb eingestellt wird. Auch der Tod einer Prokurist:in führt zum Erlöschen der Prokura. Bei juristischen Personen endet die Prokura zudem, wenn diese aufgelöst werden. In einigen Fällen kann auch eine Vereinbarung zwischen Unternehmen und Prokurist:in das Ende der Prokura herbeiführen, etwa wenn die Prokuristin / der Prokurist aus dem Unternehmen ausscheidet.

Widerruf der Prokura durch Geschäftsinhaber:in

Der Widerruf der Prokura ist jederzeit möglich und bedarf keiner Begründung. Dies ergibt sich aus der Natur der Prokura als besonderes Vertrauensverhältnis. Der Widerruf muss eindeutig und unmissverständlich erfolgen, kann aber formlos geschehen. Es ist ratsam, den Widerruf schriftlich zu dokumentieren, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Prokurist:innen müssen über den Widerruf informiert werden, und es ist wichtig, dass ihm alle Unterlagen und Vollmachtsurkunden abgenommen werden, die die Prokura nach außen dokumentieren. Der Widerruf wirkt sofort, unabhängig von der Löschung im Handelsregister.

Löschung der Prokura im Handelsregister

Nach dem Erlöschen der Prokura muss diese auch im Handelsregister gelöscht werden. Die Löschung hat allerdings nur deklaratorische Wirkung, das heißt, die Prokura ist bereits mit dem Widerruf oder einem anderen Erlöschensgrund beendet. Die Anmeldung der Löschung obliegt dem Inhaber des Handelsgeschäfts oder den vertretungsberechtigten Personen. Es ist wichtig, die Löschung zeitnah vorzunehmen, um Missverständnisse im Geschäftsverkehr zu vermeiden. Bis zur Löschung kann sich ein gutgläubiger Dritter auf den Fortbestand der Prokura berufen, wenn er von deren Erlöschen keine Kenntnis hatte.

Welche Besonderheiten gelten für die Prokura in einer GmbH?

Die Prokura in einer GmbH unterliegt einigen Besonderheiten, die sich aus der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ergeben. Diese Besonderheiten betreffen sowohl die Erteilung der Prokura als auch das Verhältnis zwischen Prokurist:innen, Geschäftsführer:innen und Gesellschafter:innen.

Erteilung der Prokura durch GmbH-Geschäftsführer:innen

In einer GmbH sind grundsätzlich Geschäftsführer:innen für die Erteilung der Prokura zuständig. Sie können Prokura erteilen, sofern der Gesellschaftsvertrag dies nicht ausdrücklich ausschließt oder an die Zustimmung der Gesellschafterversammlung bindet. Die Erteilung der Prokura durch GmbH-Geschäftsführer:innen muss im Einklang mit den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass bei mehreren Geschäftsführer:innen in der Regel alle gemeinsam handeln müssen, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag sieht etwas anderes vor. Die Erteilung der Prokura muss auch in einer GmbH zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden.

Verhältnis zwischen Prokurist:innen und Gesellschafter:innen

In einer GmbH besteht eine klare Trennung zwischen der Geschäftsführung und den Gesellschafter:innen. Prokurist:innen sind Teil der Geschäftsführungsebene und unterstehen direkt den Geschäftsführer:innen, nicht den Gesellschaftern. Gesellschafter:innen haben keinen direkten Einfluss auf die Tätigkeit von Prokurist:innen, können aber über die Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Erteilung oder den Widerruf der Prokura nehmen. (Prokurist:innen sind nicht befugt, Entscheidungen zu treffen, die in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung fallen, wie etwa Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder die Auflösung der Gesellschaft.)

Prokura bei Grundlagengeschäften der GmbH

Bei Grundlagengeschäften der GmbH, also Geschäften, die die Grundstruktur der Gesellschaft betreffen, sind die Befugnisse von Prokurist:innen stark eingeschränkt. Solche Geschäfte fallen in der Regel in die ausschließliche Zuständigkeit der Gesellschafter:innenversammlung oder erfordern zumindest deren Zustimmung. Hierzu gehören bspw. Änderungen des Gesellschaftsvertrags, die Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals, der Verkauf wesentlicher Unternehmensteile oder die Auflösung der Gesellschaft. Prokurist:innen können bei solchen Grundlagengeschäften die GmbH nicht wirksam vertreten. Diese Einschränkung dient dem Schutz der Gesellschafter:innen und der Integrität der Gesellschaftsstruktur. Es ist daher wichtig, dass Prokurist:innen in einer GmbH die Grenzen ihrer Vertretungsmacht genau kennen und bei Zweifeln Rücksprache mit den Geschäftsführer:innen oder Gesellschafter:innen halten.

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